Kompetenzforum Mittelstand zeig­te Wege aus der Krise

Partnerinitiative von Kreissparkasse Euskirchen (KSK), Bundesverband mit­tel­stän­di­sche Wirtschaft (BVMW) und der mit­tel­stän­di­schen Prüfungs- und Beratungsgesellschaft dhpg infor­mier­te über Insolvenz in Eigenverwaltung und die Erhaltung von Liquidität in Coronazeiten

Über Insolvenz in Eigenverwaltung und die Erhaltung von Liquidität in Coronazeiten referierten Experten. Bild/Screenshots: Eifeler Presse Agentur/epa
Über Insolvenz in Eigenverwaltung und die Erhaltung von Liquidität in Coronazeiten refe­rier­ten Experten. Bild/Screenshots: Eifeler Presse Agentur/epa

Nur weni­ge Unternehmen konn­ten wäh­rend des soge­nann­ten „Lockdowns“ ihre Geschäftsmodelle fort­füh­ren. Vor allem Handel, Gastronomie, Hotellerie und Tourismus sind in Schieflage gera­ten. Um die Unternehmer im Kreis Euskirchen zu infor­mie­ren, wel­che recht­li­chen Möglichkeiten, Förderungen sowie Unterstützungsmaßnahmen es der­zeit gibt, damit Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit mit­tel­stän­di­scher Unternehmen schnell wie­der­her­ge­stellt wer­den kön­nen, hat­te das „4. Kompetenzforum Mittelstand“ anlass­be­dingt zu einem Webinar gela­den. Die Partnerinitiative von Kreissparkasse Euskirchen (KSK), Bundesverband mit­tel­stän­di­sche Wirtschaft (BVMW) sowie der mit­tel­stän­di­schen Prüfungs- und Beratungsgesellschaft dhpg woll­te trotz der der­zei­ti­gen Veranstaltungsproblematik nicht dar­auf ver­zich­ten, den Unternehmern im Kreis wich­ti­ge Informationen an die Hand zu geben.

„Wir sind Mittelstands-Netzwerker und unser Kompetenzforum ver­steht sich als Plattform des Wissenstransfers“, defi­nier­te Dr. Alois Kreins, Regionalleiter des BVMW die Aufgabe des Forums. Gemeinsam mit der BVMW-Beauftragten Sabine Kreins sowie Holger Glück, Vorstandsmitglied der KSK, und Volker Loesenbeck, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Partner von der dhpg, zeich­net er für das Kompetenzforum ver­ant­wort­lich, das mitt­ler­wei­le zum vier­ten Mal statt­fand. Für die jüngs­te Veranstaltung waren zwei Experten gela­den, die über die Themen Insolvenz in Eigenverwaltung sowie über Fördermöglichkeiten und Maßnahmen zur Erhaltung der Liquidität in der Coronakrise informierten.

Den Anfang mach­te der Bonner Rechtsanwalt und Partner der dhpg Christian Senger, des­sen Expertise in der Sanierungs- und Restrukturierungsberatung liegt. Senger stell­te zunächst fest, dass ent­ge­gen einer weit­läu­fi­gen Fehlannahme Geschäftsführer einer GmbH durch­aus auch in Coronazeiten für eine ver­spä­te­te Insolvenzantragstellung haf­ten kön­nen. Persönliche Haftung tre­te dann ein, wenn der Geschäftsführer Gesetze oder Richtlinien miss­ach­te. So kön­ne er bei­spiels­wei­se für Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen, eine ver­spä­te­te Insolvenzantragstellung oder auch für das Eingehen von Verbindlichkeiten trotz Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit haft- und straf­bar gemacht wer­den. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht dür­fe kei­nes­falls zum beque­men Zurücklehnen füh­ren und zu dem Glauben, dass einem schon nichts pas­sie­ren kön­ne. Um von einem Corona-Privileg Gebrauch machen zu kön­nen, set­ze das Gesetz viel­mehr vor­aus, dass die Corona-Pandemie auch tat­säch­lich Grund für die Insolvenzreife des Unternehmens sei und dass daher Aussichten auf eine Beendigung der der­zei­ti­gen Zahlungsunfähigkeiten bestün­den. „Dies wird zwar unter­stellt, wenn das Unternehmen noch bis zum 31. Dezember 2019 zah­lungs­fä­hig gewe­sen ist; die­se Unterstellung ist aber wider­leg­bar“, so Senger.

Die Einschätzung, ob eine Krise daher wirk­lich coro­na-bedingt ist, soll­te zwei­fels­frei durch einen Steuerberater, einen Wirtschaftsprüfer oder einen spe­zia­li­sier­ten Anwalt doku­men­tiert wer­den, riet Senger. Ansonsten blei­be es näm­lich bei der alten Rechtslage, also der Insolvenzantragspflicht, und damit bei der mög­li­chen straf­recht­li­chen Sanktionierung. Kurz: Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht befreie nicht per se von der Geschäftsführerhaftung.

Sodann refe­rier­te Senger über die seit 2012 bestehen­de Alternative einer Insolvenz in Eigenverwaltung bzw. eines Schutzschirmverfahrens, die den Unternehmen eine Neuausrichtung in Eigenregie, ohne Einsatz eines Insolvenzverwalters, ermög­li­chen soll. Das Schutzschirmverfahren kom­me für Mittelständler aller­dings kaum in Frage, son­dern wer­de nur bei gro­ßen Unternehmen ange­wandt wie bei­spiels­wei­se bei Galeria Karstadt Kaufhof. Die Vorteile bei einer Eigenverwaltung lägen jedoch klar auf der Hand: Die Geschäftsführung kön­ne bei­spiels­wei­se im Amt blei­ben, das Stigma der Insolvenz sei kaum spür­bar, Kündigungsfristen sei­en erheb­lich ver­kürzt, Leasing- oder ande­re Finanzierungsverträge könn­ten direkt been­det und Umsatzsteuerzahlungen aus­ge­setzt werden.

Statt eines Insolvenzverwalters wer­de dar­über hin­aus nur ein Sachwalter mit deut­lich redu­zier­ten Befugnissen bestellt. Der Experte für Insolvenzrecht infor­mier­te die Webinar-Teilnehmer sodann sehr detail­liert über die ver­schie­de­nen Phasen einer Sanierung in Eigenverwaltung und skiz­zier­te Chancen und Gefahren. Sein abschlie­ßen­der Rat: „Stellen Sie sich recht­zei­tig der Situation, um Chancen zu nut­zen, und den­ken Sie an Ihre sozia­le Verantwortung!“ Mit einem Zitat von Winston Churchill been­de­te Christian Senger schließ­lich sei­nen Vortrag: „Erfolg ist nicht end­gül­tig, Misserfolg ist nicht fatal, was zählt, ist der Mut weiterzumachen.“

Anschließend berich­te­te Rainer Santema, Leiter S‑FirmenCenter KSK, über Fördermöglichkeiten für Unternehmer. Dabei stell­te er zunächst die drei wich­tigs­ten KfW-Programme zur Liquiditätssicherung vor: Für Unternehmen, die älter als fünf Jahre sind und weni­ger als 250 Mitarbeiter auf­wei­sen, emp­fahl er den KfW-Unternehmerkredit KMU (047) mit einer Haftungsfreistellung von 90 Prozent. Die Zinssätze begin­nen hier bereits bei einem Prozent. Unternehmen die älter als drei Jahre sind und weni­ger als 250 Mitarbeiter haben ver­wies er an den ERP-Gründerkredit Universal KMU (076) mit einer Haftungsfreistellung von eben­falls 90 Prozent und einem Zinssatz ab eben­falls einem Prozent. Und Unternehmen die min­des­tens seit dem 1. Januar 2019 aktiv am Markt sind und mehr als zehn Mitarbeiter haben, sei­en mit dem KfW-Schnellkredit 2020 (078) mit einer Haftungsfreistellung von 100 Prozent und einem Zinssatz von 3 Prozent am bes­ten bera­ten. Darüber hin­aus habe sich die KSK Euskirchen für ein Angebot stark gemacht, das für Unternehmen geeig­net sei, die weni­ger als zehn Mitarbeiter ver­zeich­ne­ten. Hierfür steht seit die­sem Monat die SchnellBürgschaft 100 der Bürgschaftsbank Nordrheinwestfalen zur Verfügung. „Gemeinsam mit unse­ren Kunden kön­nen wir am bes­ten den Liquiditätsbedarf ermit­teln“, so Santema, der dar­auf hin­wies, dass die Förderkulisse der­zeit bis zum 31. Dezember 2020 befris­tet sei, so dass er allen Interessenten emp­fahl, bis Anfang Dezember spä­tes­tens den Antrag zu stellen.

Weitere Maßnahmen zur Liquiditätssicherung sei­en bei­spiels­wei­se das „Factoring“. Und nicht zuletzt ver­su­che das Gutscheinportal der KSK „helfen.gemeinsamdadurch.de“ finan­zi­el­le Unterstützung für Händler und Dienstleister aus der Region zu bieten.

Doch trotz der der­zei­ti­gen Krisenlage sah Rainer Santema auch Chancen für Unternehmen: „So soll­ten die Firmen bei­spiels­wei­se jetzt über eine digi­ta­le Neuausrichtung nach­den­ken. Für Investitionen in digi­ta­le Produkte ste­hen eben­falls Kredite wie der NRW.BANK.Digitalisierungskredit zur Verfügung“, berich­te­te er. Auch sei es viel­leicht an der Zeit, über neue Vertriebswege und Absatzmärkte wie bei­spiels­wei­se einen Onlineshop nach­zu­den­ken oder Betriebsabläufe zu digi­ta­li­sie­ren und dadurch zu opti­mie­ren. Nicht zuletzt soll­te man über eine höhe­re Mitarbeiterbindung nach­den­ken, die man bei­spiels­wei­se über eine betrieb­li­che Krankenversicherung oder Altersvorsorge erzie­len kön­ne. Er emp­fahl Unternehmern, ihre Digitalisierungspläne ein­fach mal der KSK vor­zu­stel­len. „Wir sind gern Ihr Guide in die­sem Dschungel“, so Santema abschließend.

Die nächs­te Präsenzveranstaltung, bei der man hofft, sich mit den Unternehmern im Kreis Euskirchen wie­der Auge in Auge gegen­über­zu­ste­hen, ist für Januar 2021 anvisiert.

Eifeler Presse Agentur/epa

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