Kompetenzforum Mittelstand infor­mier­te zum Thema „Nachhaltigkeitsberichte“, die zuneh­mend auch von klei­ne­ren Firmen erwar­tet wer­den – Praxisorientierter Vortrag nahm die Sorgen

Das Team hinter dem Kompetenzforum Nachhaltigkeit: Volker Loesebeck (v.l.), dhpg, Rainer Santema, Leiter S-FirmenCenter, Thomas Bernhardt, dhpg, Alois Kreins, BVMW, Isabelle Jaeschke, Wirtschaftsförderung Kreis Euskirchen, Christoph Hillers, Geschäftsführer Theo Hillers GmbH, Gerd Schmitz, Theo Hillers GmbH, und Holger Glück, Vorstand KSK. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Das Team hin­ter dem Kompetenzforum Nachhaltigkeit: Volker Loesenbeck (v.l.), dhpg, Rainer Santema, Leiter S‑FirmenCenter, Thomas Bernhardt, dhpg, Alois Kreins, BVMW, Isabelle Jaeschke, Wirtschaftsförderung Kreis Euskirchen, Christoph Hillers, Geschäftsführer Theo Hillers GmbH, Gerd Schmitz, Theo Hillers GmbH, und Holger Glück, Vorstand KSK. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Euskirchen — Dass kom­pli­ziert klin­gen­de Themen rasch ihren Schrecken ver­lie­ren, wenn man sich nur ein wenig Zeit nimmt, um sich mit ihnen zu beschäf­ti­gen, zeig­te sich am Dienstagabend in der Ideenfabrik Euskirchen. Die Partnerinitiative Kompetenzforum Mittelstand, bestehend aus dhpg, Kreissparkasse Euskirchen und Bundesverband mit­tel­stän­di­sche Wirtschaft (BVMW), hat­te Unternehmerinnen und Unternehmer aus dem Kreis zum Thema „ESG“ ein­ge­la­den, um, so die selbst­ge­stell­te Aufgabe der Initiative, Mittelständler auf ver­ständ­li­che Weise kom­ple­xe Themen nahezubringen.

Die Abkürzung „ESG“ steht für „Environment, Social, Governance“ und umfasst Kriterien, die Unternehmen dabei hel­fen sol­len, ihre Nachhaltigkeitsbemühungen zu mes­sen. KSK-Vorstand und Moderator des Abends, Holger Glück, stell­te gleich zu Beginn der Veranstaltung fest, dass nach­hal­ti­ges Wirtschaften kein der­zei­ti­ger Trend sei, son­dern eine unab­läs­si­ge Notwendigkeit. „Nachhaltigkeit bedeu­tet, nicht auf Kosten zukünf­ti­ger Generationen zu leben“, beton­te Glück und zeich­ne­te nach, wie seit der Klimakonferenz 2015 und dem „European Green Deal“ Unternehmen mehr und mehr zu Nachhaltigkeitsberichten ver­pflich­tet wer­den und Kapitalströme in „grü­ne“ Investitionen gelenkt wer­den sol­len. „Gemäß aktu­ells­ter EU-Gesetzgebung wer­den zukünf­tig 15.000 Unternehmen in Deutschland ihre Daten zur Nachhaltigkeit vor­le­gen müs­sen“, so Glück. Was zunächst nur die Global Player anzu­ge­hen schien, betref­fe mit­tel­bar durch die Ausstrahlung die­ser Regelungen zuneh­mend auch immer mehr klei­ne und mitt­le­re Betriebe (KMU).

Herausforderung, aber auch Wirtschaftsvorteil

Dass die Regulatorik, mit der die Erhebung der ESG-Kriterien ver­bun­den ist, eine gro­ße Herausforderung dar­stellt, dar­über refe­rier­te Thomas Bernhardt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Senior Partner der dhpg, die Unternehmen auf eine sol­che Prüfung vor­be­rei­tet. Bernhardt mach­te deut­lich, dass die Prüfung für die Unternehmen nicht nur eine Bürde dar­stel­le, son­dern zu einem Wirtschaftsvorteil aus­ge­baut wer­den kön­ne. „Für drei von vier Bewerbern um einen Arbeitsplatz hat das Thema Nachhaltigkeit schon heu­te einen hohen Stellenwert“, so Bernhardt. Darüber hin­aus hiel­ten Kunden zuneh­mend Ausschau nach zukunfts­si­che­ren und nach­hal­ti­gen Lieferanten und Anbietern. Und nicht zuletzt bestimm­ten Banken schon heu­te den Wert eines Unternehmens anhand sei­nes nach­hal­ti­gen und damit zukunfts­si­che­ren Wirtschaftens.

Ab 2025 sei­en Unternehmen zu einem Nachhaltigkeitsbericht ver­pflich­tet, wenn sie bei­spiels­wei­se mehr als 25 Millionen Euro an Umsatzerlösen erwirt­schaf­te­ten. „Kleinere Betriebe kön­nen frei­wil­lig Bericht erstat­ten. Aufgrund ver­pflich­ten­der Standards wird auf Dauer eine Gleichwertigkeit zwi­schen finan­zi­el­ler Berichterstattung und Nachhaltigkeitsberichterstattung ange­strebt“, so Bernhardt. Für die KMUs gebe es eine abge­speck­te Berichtsvariante. Der Experte emp­fahl, in den Unternehmen kla­re Verantwortlichkeiten für die­ses Thema zu schaf­fen und so früh wie mög­lich mit einer dop­pel­ten Wesentlichkeitsanalyse zu star­ten, sich also die Frage zu stel­len: Was wirkt von außen auf mein Unternehmen ein und wel­che Auswirkungen hat mein Unternehmen auf die Umwelt?

Drei Säulen der Nachhaltigkeit

Dass ein Nachhaltigkeitsbericht sogar Spaß machen kann, bewies anschlie­ßend Gerd Schmitz, Beauftragter für Umweltmanagement bei der Theo Hillers GmbH, die Filter, Präzisionsteile und Baugruppen aus Kunststoff und Metall her­stellt. Schmitz, der schon seit 37 Jahren im Betrieb ist, hat sich früh­zei­tig um das Thema Nachhaltigkeit an den bei­den Standorten des Unternehmens in Kall und Neustadt/Wied geküm­mert. „Wir haben bereits vor zehn Jahren ein Umwelt- und Energiemanagementsystem auf­ge­baut und las­sen uns regel­mä­ßig zer­ti­fi­zie­ren“, so Schmitz. Der Umweltmanager emp­fahl, zunächst ein­mal auf­zu­schrei­ben, was man in Sachen ESG schon heu­te leis­te und zwar im Sinne der drei Säulen der Nachhaltigkeit: Ökologie, Soziales und Ökonomie.

Dann kön­ne man gezielt an den wirk­lich effi­zi­en­ten Stellschrauben dre­hen. Es lie­ße sich zwar schnell 60 Prozent an Beleuchtungsenergie ein­spa­ren, aber wenn die­se nur zwei Prozent am Gesamtenergieverbrauch aus­ma­che, brin­ge das nicht all­zu viel. „Wir haben bei­spiels­wei­se erkannt, dass für uns eine Wärmerückgewinnung ide­al wäre, um Energie ein­zu­spa­ren. Heute ist der Gasverbrauch der Firma Hillers nicht höher als der eines Einfamilienhaushalts“, so Schmitz. Auch das Prozesswasser wer­de abge­pumpt, gerei­nigt und wie­der dem Kreislauf zuge­führt. „Außer für die Toilettenanlagen haben wir kaum noch Wasserverbrauch“, so Schmitz wei­ter. Eine PV-Anlage auf allen drei Gebäudeteilen in Kall sor­ge für wei­te­re Energieeffizienz. „Insgesamt ist unser jähr­li­cher Energieverbrauch von 4,9 Gigawattstunden immer noch hoch, aber wir sind ver­pflich­tet und bemüht, ihn von Jahr zu Jahr wei­ter zu reduzieren.“

Niemand brau­che sich zu sor­gen, dass man für die ESG-Anforderungen eine zusätz­li­che Vollzeitstelle schaf­fen müs­se. „Bei uns als Kennzahlen geführ­tes Unternehmen wur­de ESG qua­si zum Selbstläufer“, beton­te Schmitz. Und: „Ich kann nur emp­feh­len, das Thema Nachhaltigkeit als Chance, nicht als Verpflichtung zu sehen, und die Unternehmen dazu auf­for­dern, nicht zu war­ten, bis der Nachhaltigkeitsbericht auch sie betrifft, son­dern heu­te schon damit anzu­fan­gen.“ Den Zeitaufwand im lau­fen­den und eta­blier­ten Betrieb bezif­fer­te er mit ledig­lich fünf Prozent sei­ner Gesamtarbeit.

Nachhaltigkeit immer wichtiger

Rainer Santema, Leiter S‑FirmenCenter der KSK, führ­te sodann aus, wel­che Bedeutung dem ESG-Score im Verhältnis von Kunde und Kreditinstitut zukom­me. Bei der Taxonomie eines Unternehmens wür­den zuneh­mend auch Energiewerte abge­fragt. Eine öko­lo­gisch nach­hal­ti­ge Wirtschaftstätigkeit wer­de also auch für das Kreditgeschäft immer wich­ti­ger. „Es dürf­te als gesi­chert gel­ten, dass es in Zukunft Aufschläge für nicht-taxo­no­mie­kon­for­me Wirtschaftstätigkeit gibt“, so Santema. Das Unternehmen wer­de mehr und mehr in sei­ner Ganzheit erfasst und bewertet.

„Jeder Firmenkunde besitzt schon heu­te einen all­ge­mei­nen ESG-Score“, berich­te­te Santema, „jetzt wird es dar­um gehen, indi­vi­du­el­le Kennzahlen zu erhe­ben, um die­sen Score zu indi­vi­dua­li­sie­ren.“ So wer­de für den ESG-Score der Sparkassenfinanzgruppe unter ande­rem nach CO2-äqui­va­len­ten Emissionen gefragt, nach dem Wassereinsatz, gefähr­li­chen Abfallmengen, aber auch nach der Anzahl der gering­fü­gig und der sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Beschäftigten.

Santema wies in die­sem Rahmen dar­auf hin, dass die rhei­ni­schen Sparkassen, um den Beratungsbedarf für mehr Energieeffizienz pro­fes­sio­nell beglei­ten zu kön­nen, ein Gemeinschaftsunternehmen gegrün­det hät­ten: die ProEco Rheinland GmbH & Co. KG.

Abschließend stell­te Isabelle Jaeschke von der Struktur- und Wirtschaftsförderung Kreis Euskirchen im November eröff­ne­te Ideenfabrik des Kreises Euskirchen kurz vor. „Die Ideenfabrik möch­te eine Nachhaltigkeitsplattform sein und Unternehmen aus dem Kreis Euskirchen bei ihrem Weg in die Nachhaltigkeit beglei­ten“, so Jaeschke. Ziel sei es, bis zum Jahr 2026 im Kreis Euskirchen 100 nach­hal­ti­ge Unternehmen vor­wei­sen zu können.

Eifeler Presse Agentur/epa

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